Nur glückliche Mitarbeiter sind gute Mitarbeiter

Herr K. steht vor mir und erklärt, dass er dringend eine Gehaltserhöhung brauche,

weil die Renovierung seiner Wohnung doch teurer geworden sei, als geplant.
Frau B. gesteht mir unter Tränen das Scheitern ihrer Ehe und nimmt mich mit auf eine

emotionale Reise, auf der sie mir von den schwierigen Lebensumständen einer Alleinerzieherin erzählt. Dies bedingt, dass sie zukünftig eine höchst flexible Einteilung ihrer Arbeitszeit benötigt. Ein Lehrling erzählt mir, dass er in der Berufsschule von einem Lehrer als Bester ausgezeichnet wurde. So nebenher erwähnt er, dass seine Schulkollegen bei ähnlichen Gelegenheiten vom Arbeitgeber Prämien von mehreren hundert Euro erhalten.

 

Solche und ähnliche Anliegen

werden an uns Managerinnen - in Abhängigkeit von der Anzahl unserer Mitarbeiterinnen - beinahe täglich heran getragen. Manchmal explizit (Terminvereinbarung, Mitarbeiterin hat sich gründlich vorbereitet, legt Leistungen vor, etc.) oder implizit (Erwähnung beim Mittagessen, so nebenher --- aber nicht minder gut vorbereitet!). Immer jedoch mit dem Beigeschmack, dass wenn wir der Aufforderung nicht sofort nachkommen, die Mitarbeiterin ab sofort nur noch Dienst nach Vorschrift macht oder sich sogar nach einer anderen Position umschaut, bzw. umschauen muss!

 

Bedeutet das jetzt, dass wir allen diesen Forderungen gerecht werden müssen, um unsere Mitarbeiterinnen glücklich zu machen? Was macht die Mitarbeiterinnen denn eigentlich glücklich? Ist es wirklich "nur" die Auszahlung von Prämien? Die regelmäßige Erhöhung des Gehaltes? Und wieso müssen Mitarbeiterinnen denn eigentlich "glücklich" sein?

 

Nun, fangen wir mit der letzten Frage an. Glückliche Mitarbeiterinnen sind nachweisbar produktiver, motivierter, effizienter, kreativer und eigenständiger als ihre Kolleginnen. Obendrein werden sie seltener krank und ziehen talentierte neue Mitarbeiterinnen an. Glückliche Mitarbeiterinnen machen eine Firma erfolgreicher am Markt und attraktiver für potentielle neue Mitarbeiterinnen.

Was also macht Mitarbeiterinnen glücklich? Es gibt unzählige Erhebungen zu diesem Thema. Der Konsens ist, dass den meisten Menschen Wertschätzung, Selbstbestimmung und respektvoller Umgang miteinander am Arbeitsplatz weitaus wichtiger sind, als eine Belohnung

in Form von Geld (dies setzt selbstverständlich ein ausreichendes Gehaltsniveau voraus).

 

Wertschätzung

Es reicht nicht aus, von Zeit zu Zeit ein nettes Wort fallen zu lassen. Wir alle haben den Unterschied sicher schon selbst erlebt:

echte Wertschätzung zeichnet sich dadurch, dass die Chefin sich mit den Leistungen UND der Person beschäftigt hat und dies - verbunden mit einem Dankeschön - in Worte fassen kann. Echte Wertschätzung bedeutet Anteilnahme an der Arbeit und an der Person, also

Respekt und Anerkennung.

 

Herausforderung

Viele Mitarbeiterinnen fühlen sich auch dann glücklich, wenn sie eine herausfordernde Aufgabe erfüllen können und Verantwortung

übernehmen dürfen. Das ist für uns als Managerinnen oft knifflig, weil wir entscheiden müssen, ob eine Aufgabenstellung eine Mitarbeiterin motiviert, über- oder unterfordert. Mit etwas Fingerspitzengefühl und Erfahrung kann man jedoch meist sinnvolle Lösungen finden. Ein offener Dialog mit Mitarbeiterinnen über die Anforderungen der aktuellen Aufgaben hilft außerdem, die eigene Einschätzung zu überdenken und anzupassen. Das Ergebnis sollte sein, dass die Mitarbeiterin stolz auf die Erfüllung ihrer Aufgaben sein kann, weil sie die Verantwortung dafür übernommen hat und dies auch wertschätzend anerkannt wird.

 

Freie Einteilung

Der Begriff "Work-/Life-Balance" ist schon so abgenutzt, dass ich ihn hier kaum anführen mag. Es ist jedoch eine Tatsache, dass Mitarbeiterinnen glücklicher sind, wenn sie ihre Arbeitszeit frei einteilen können. Das bedeutet nicht nur die Zeiten der Anwesenheit am

Arbeitsplatz selbst zu bestimmen, sondern auch, selbst dafür verantwortlich zu sein, wann eine Aufgabe erledigt wird. Dies trifft ganz besonders auf alle ab Generation Y zu. Es gibt wenige Firmen, die es allen Mitarbeiterinnen ermöglichen können, ihre Arbeitszeit völlig frei

einzuteilen. Aber es sollte möglich sein, entweder einen zeitlichen Rahmen oder Leistungskriterien zu erstellen, die den Mitarbeiterinnen hier mehr Gestaltungsspielraum einräumen. Es wird nicht entschieden, wann eine Aufgabe zu erfüllen ist, aber es wird gemeinsam

festgelegt, bis wann sie fertig sein muss.

Wichtig ist Transparenz: wer darf, wer darf nicht? Welche Ziele müssen erreicht werden, um die Flexibilität erhalten zu können? Warum funktioniert die freie Zeiteinteilung nicht für jede Position? Diese Themen müssen offen angesprochen und dargelegt werden.

 

Vergütung

Interessanter Weise schneidet der Punkt „faire Vergütung“ in nahezu allen Studien bei Wissensarbeiterinnen am unwichtigsten ab. Ja

natürlich: das Gehalt muss stimmen. Wenn aber die sonstigen, bereits aufgezählten Faktoren überwiegend positiv bewertet werden können, spielt das Gehalt, bzw. Boni nur mehr eine untergeordnete Rolle bei der Motivation.

 

Es gibt noch viele weitere Faktoren, die dazu beitragen, ihre Mitarbeiterinnen glücklicher, zufriedener und motivierter zu machen. Dazu

gehören die offene Kommunikation, Arbeit im Team, Möglichkeit der Weiterentwicklung, ein sicherer Arbeitsplatz und ein regelmäßiges Feedback über die Leistungen.

 

Es ist also nicht zwingend teuer, die Mitarbeiter glücklich zu machen. Es bedarf aber sehr wohl meiner Aufmerksamkeit und ist arbeitsintensiv. Und glauben Sie mir: Mitarbeiterinnen spüren, ob eine Maßnahme ehrlich gemeint ist, oder nur dazu dient, sie auszupressen.

Gaby Schwarz, gaby@schwarzundschwarz.at

 

Die Worte Mitarbeiterin und Managerin beziehen sich hier gleichermaßen auf Mitarbeiterinnen und Managerinnen männlichen und weiblichen Geschlechts.

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