Projekt ist ein beliebter Begriff. Schön, modern, nützlich und sexy.
Leicht dahingesagt und in aller Munde. Und es wird damit so viel Schindluder betrieben, dass einem fast schwindlig werden könnte.
Woher kommt das?
In den meisten Fällen, in denen die Bezeichnung Projekt unangemessen verwendet wird, herrscht schlichtweg kaum Klarheit darüber, was ein Projekt eigentlich ist. Das Problem besteht sehr oft darin, dass es zu wenig gut ausgebildete Projektmanager gibt, die den Begriff Projekt entsprechend definieren und auch an die richtigen Leute vermitteln können. Das führt in weiterer Folge dazu, dass auch die Entscheidungsträger den Begriff falsch verwenden.
Unkenntnis oder eine gängige List in Linienorganisationen?
Es wird einfach so dahingesagt, wann immer es um Arbeiten geht, die von der gewohnten Routine abweichen. In manchen Fällen wird der Missbrauch des Begriffs wahrscheinlich auch Berechnung sein – sehr gerne wird er zum Beispiel listig verwendet, um mit einem Vorhaben die Linienorganisation und das reguläre Berichtswesen zu umgehen. Und in wieder anderen Fällen wird es der verzweifelte Versuch sein, jedes Vorhaben zu kontrollieren und in einen Rahmen zu pressen, für den dann halt einfach die Bezeichnung Projekt gewählt wird.
Die Inflation des Projektbegriffs führt zu unangenehmen Konsequenzen
Ist es im Grunde nicht egal, ob man jetzt Projekt oder Vorhaben oder Aufgabe oder was auch immer sagt? Nein. Denn der Knackpunkt und ergo das Problem ist die falsche Verwendung des Begriffs für all jene, die ernsthaftes, solides und echtes Projektmanagement betreiben. Eine Inflation des Projektbegriffs führt dazu, dass enorm viele Vorhaben als Projekt bezeichnet werden, die überhaupt nicht den Kriterien eines Projekts entsprechen und tatsächlich nicht projektwürdig sind. Denn eines ist klar: Projektmanagement bedeutet Arbeit. Und ein Vorhaben muss wichtig genug sein, um diese Arbeit auf sich zu nehmen. Daher sollte ganz einfach gelten: Wenn schon Projekt, dann richtig. Andernfalls ist es kein Projekt.
Der Begriff Projekt wird nahezu immer dort verwendet, wo eine Idee außerhalb der Linienorganisation aufgreifend bearbeitet wird; dort, wo es Personen aus mehreren Abteilungen braucht; wo die Weisungskompetenz eines Managers in der Linie nicht reicht und in ähnlichen „Ausnahmesituationen“.
Da es aber heute in Organisationen fast nur solche Aufgaben gibt, ist man gedanklich schnell beim Begriff Projekt angelangt. Man braucht eine gemeinsame Sprache, um verschiedene Aufgaben / Vorhaben / Projekte zu benennen und richtig zu klassifizieren, um dann die richtigen Schlüsse und Handlungen abzuleiten. Das ist notwendig und kann nicht mit dem Hinweis abgetan werden, dass das nur Bürokratie sei. Erfolgt diese notwendige begriffliche Zuordnung nicht korrekt, dann sind die Konsequenzen klar:
· In so einem Umfeld kann gar keine richtige Projektkultur entstehen
· Es werden Erwartungen geweckt, die bei weitem nicht eingelöst werden können
· Dies wiederum führt zu einer immer stärkeren Ablehnung des Begriffs Projekt innerhalb der Organisation
· Und das macht es wiederum viel schwieriger, in dieser Organisation echtes Projektmanagement zu implementieren und zu leben
Alles in allem, die inflationäre Verwendung des Begriffs schadet der Sache. Je mehr mit dem Begriff „Projekt“ in einer Organisation geschludert wird, umso weniger Chancen hat dort echtes Projektmanagement.
Was uns unweigerlich zu der Frage führt: Was ist denn eigentlich ein echtes Projekt?
Die Definition eines Projekts
Schön wäre es, gäbe es eine einheitliche und allgemein gültige Definition eines Projekts. Aber leider ist genau das Gegenteil der Fall - es gibt mehr Definitionen von Projekt als man glauben möchte.
Immerhin sind einige elementare Merkmale in allen Definitionen zu finden. Es liegt also nahe, sich auf diese gemeinsamen Grundelemente zu konzentrieren.
Ein Projekt:
· ist nicht alltäglich, relativ einzigartig, komplex und wichtig
· hat ein klares Ziel und klare Limits, wie ein Anfangs- und Enddatum
· verfügt über klar vereinbarte Ressourcen und Kosten
· endet zum definierten Endtermin; egal, ob erfolgreich oder nicht
· ist also immer mit einem Risiko verbunden
· erfordert daher eine spezielle Organisation (außerhalb der Linie)
· hat klare Meilensteine und eine ganz klare Abschlussphase
Das Projekt muss ein Ergebnis liefern. Das kann ein Erfolg sein, das kann aber auch ein Misserfolg sein. Das ist legitim. Auch in diesem Fall wird das Projekt beendet. Möglicherweise wird ein Folgeprojekt gestartet, das zu einem besseren Ergebnis führen soll. Es widerspricht aber total den Prinzipien des Projektmanagements, das aktuelle Projekt immer weiter und weiter fortzuführen, bis endlich ein Ergebnis da ist.
Andererseits verlangt auch das Projektmanagement ein Ergebnis. Es wird im Projektabschlussbericht dargestellt. Er ist somit die Nagelprobe der Projektmanagementkultur. Der Projektabschlussbericht ist kein lästiges Übel.
Oft wird dieser überaus wichtige Punkt unterschlagen und Zeitmangel vorgeschützt. Gerade die gesammelten Erfahrungen, die „Lessons learned“ sind das Herzstück für weitere Projekte.
Was ist gut gelaufen, welche Irrwege gab es, was wurde aus den Fehlern gelernt? Das Wichtigste auf einen Blick. Dies ist beim nächsten Projekt zuerst zu studieren und möglichst anzuwenden. Nur so kann eine sinnvolle Basis für eine gelebte organisationsinterne Projektmanagementkultur gelegt werden. Denn ohne entsprechende Kultur kann es kein erfolgreiches Projektmanagement geben. Leider wird in zu vielen Fällen angenommen, dass Projektmanagement ohnedies Allgemeinwissen ist („Wir können schließlich auch alle Auto fahren“). Das Ergebnis ist vorhersehbar: Projektmanagement wird nicht akzeptiert, daher scheitern Projekte, die Frustration steigt, daher wird Projektmanagement noch stärker abgelehnt.
Conclusio:
Wenn Sie wollen, dass Projektmanagement in Ihrer Organisation seinen wahren Nutzen entfaltet, dann sorgen Sie dafür, dass es Klarheit über den Projektbegriff gibt. Sie legen damit einen elementaren Grundstein für eine funktionierende Projektmanagementkultur.
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Sandra (Freitag, 09 März 2018 14:33)
Danke! Endlich mal klar ausgesprochen, wie es wirklich läuft.